Die Grabesruhe unseres kleinen Trilobiten war damit endgültig gestört. Seine nun schon unglaublich lang andauernde Reise fand ihr vorläufiges Ende in der Vitrine seines neuen Besitzers, der ihm an manchem Abend in das vielleicht gut erhaltene Auge blickte. Was würde dieser Trilobitensammler wohl dafür geben, das zu sehen, was dieses Auge in den Urmeeren des Paläozoikums gesehen haben mochte ...?
Betrachten wir den Vorgang der Diagenese etwas genauer - und vielleicht etwas sachlicher? ;-) -, so kann man die folgenden Prozeßabläufe aufzählen:
- Entwässerung
Mit zunehmener Sedimentablagerung und daraus resultierendem, steigendem Druck, tritt ein Entzug von Wasser auf. Die eingebetteten Überreste werden dabei mitunter flach gedrückt. Das hindert allerdings unsere Trilobiten nicht unbedingt daran, recht dreidimensional erhalten zu bleiben. Die recht dünnen Schalen bilden ja keinen abgeschlossenen Hohlraum, in den sie eingedrückt werden könnten, sondern sind bereits sehr früh - nach Verwesung der Weichteile - komplett von Sediment umgeben.
- Kompaktion
Durch weitere Verdichtung des entstehenden Fossils, resultierend aus dem stetig steigenden Gesteinsdruck, schrumpft es mitunter erheblich, vornehmlich in vertikaler Richtung in Bezug auf die Einbettungsebene. Dies ist ein sehr interessanter Aspekt, eröffnet er doch die Möglichkeit daß unsere fossilierten Trilobiten ursprünglich um einiges größer gewesen sein könnten, als wir anhand der Größe der Fossilien zunächst annehmen möchten.
- Auslaugung in mehreren Stufen
Salzlösungen gleichen allmählich ihre Konzentrationen einander an, das Fossil nimmt mitunter die selbe kristalline Struktur an wie das Umgebungsmaterial, wobei ein Großteil des ursprünglichen Materials verloren gehen kann. Hier spielen Konzentrations-Gradienten, also Unterschiede in der Konzentration eines chemischen Stoffes zwischen zwei Punkten innerhalb eines bestimmten Raumes, eine Rolle. Meist pegeln sich Siliziumverbindungen ein.
- Bruch und mechanische Verformung
Im Zuge der fortschreitenden Diagenese und der auftretenden Druckverhältnisse innerhalb des Gesteins treten weitere Verformungen und Brüche auf , die wiederum der chemischen Umbildung unterliegen. Kein noch so kleiner Hohlraum kann längere Zeit bestehen, ohne dass sich Salze einlagern und ihn zielgerecht verfüllen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die kalzitverfüllten Hohlräume von Ammoniten (siehe Bild oben links).
- Umkristallisation
Die chemische Struktur des Fossils verändert sich weiter, allmählich ablaufende stoffliche Umgruppierungen im Umgebungsgestein gehen weiter, im Extremfall wird das Gestein metamorph und verliert seine fossile Information. In vulkanischem Ergußgestein eingeschlossene Fossilien verhalten sich oft etwas anders, da unverwittertes Ergußgestein selbst schon sehr kompakt ist. Bekannt sind Baumstämme, die rasch von Lava umflossen und eingeschlossen wurden. Ihre Oberflächen sind meist in allen Einzelheiten erkennbar.
- Abscheiden von Bindemitteln
Bindemittel sind verschiedene anorganische Stoffe oder chemische Zerfallsprodukte organischen Ursprungs, die chemisch stabil sind. Sie werden mit der Zeit aus dem Substrat abgeschieden oder umgewandelt. Diese Abscheidungen können zur Bildung von Geoden führen, also harten Umschließungen des Fossils, die bei der Fossilsuche auffällige Anhaltspunkte darstellen.
- Entstehung von Konkretionen
Das vom Fossil ins Umgebungsgestein ausgewanderte Material entfernt sich oft nicht sehr weit. Es bleibt - je nach Substanz - in unmittelbarer Nähe und reichert das dortige Gestein um Elemente und Verbindungen an. Effekte, die in der Umgebung entstehen, sind zum Beispiel Konkretionen. Ein gutes Beispiel aus dem Bereich Trilobiten sind dafür die in Südamerika (Bolivien) recht häfig anzutreffenden Geoden mit Phacopiden. (Geoden, siehe Bild rechts).
So oder ähnlich, abhängig von der jeweiligen Ausgangssituation und den gegebenen Umweltbedingungen - entstehen Fossilien, das Prinzip ist jedoch immer das gleiche, und sie sind in der Tat "Reisende durch Zeit und Raum".